Analyse von „Schwarz zu Blau“ von Peter Fox
Einführung
Peter Fox, bekannt als Mitglied der Band Seeed, veröffentlichte 2008 sein Soloalbum „Stadtaffe“, aus dem das Lied „Schwarz zu Blau“ stammt. Der Song beschreibt eine nächtliche Odyssee durch Berlin und zeichnet dabei ein düsteres, aber gleichzeitig faszinierendes Bild der Stadt. Der Songtext lässt tiefe Einblicke in die Großststadtpoesie und das urbane Leben zu und fordert den Zuhörer auf, sich der rauen Realität zu stellen.
Erste Strophe
- „Komm aus’m Club, war schön gewesen
Stinke nach Suff, bin kaputt, ist ’n schönes Leben“ - „Steig‘ über Schnapsleichen, die auf meinem Weg verwesen
Ich seh die Ratten sich satt fressen im Schatten der Dönerläden“ - „Stapf‘ durch die Kotze am Kotti, Junks sind benebelt
Atzen rotzen in die Gegend, benehmen sich daneben“ - „Szeneschnösel auf verzweifelter Suche nach der Szene
Gepiercte Mädels die wollen, dass ich Strassenfeger lese, ah“
Die einleitenden Zeilen erzeugen sofort ein Bild des Nachtlebens, geprägt von Alkohol und Erschöpfung, aber auch von einer gewissen Zufriedenheit. Das „schöne Leben“ ist hier ambivalent; es ist eine Mischung aus Spaß und körperlicher Belastung.
Diese Passage verstärkt das Bild einer verwahrlosten Umgebung. „Schnapsleichen“ und „Ratten“ sind starke visuelle und metaphorische Sinnbilder für den Zerfall und die andere Seite des urbanen Nachtlebens.
Hier zeigt der Text eine ungemein rohe Wahrheit. Der Kotti (Kottbusser Tor) wird als zentraler Punkt für Drogenmissbrauch und schlechtes Benehmen beschrieben, was eine düstere Realität der Berliner Clubszene widerspiegelt.
In diesen Zeilen beschreibt Peter Fox die verzweifelte Suche der Hipster nach Authentizität und Sinn, sowie die soziale Ungerechtigkeit durch die Aufforderung, „Straßenfeger“ (eine Zeitung, die von Obdachlosen verkauft wird) zu lesen. Die Verwendung von „ah“ am Ende deutet auf eine ironische Abrundung hin.
Refrain
- „Guten Morgen Berlin. Du kannst so hässlich sein, so dreckig und grau.“
- „Du kannst so schön schrecklich sein. Deine Nächte fressen mich auf.“
- „Es wird für mich wohl das Beste sein, ich geh nach Hause und schlaf‘ mich aus.
Und während ich durch die Straßen laufe, wird langsam schwarz zu blau.“
Mit dem Refrain fasst Fox die Ambivalenz der Stadt zusammen; Berlin ist gleichermaßen hässlich und faszinierend. „Schwarz zu blau“ bezeichnet das allmähliche Übergang vom Nacht zum Tag, was auch symbolisch für das Erleben und Überstehen der Nacht steht.
Zweite Strophe
- „Halb Sechs, meine Augen brennen
Tret‘ auf ’nen Typen, der zwischen toten Tauben pennt“ - „Hysterische Bräute keifen und haben Panik denn
An der Ecke gibt es Stress zwischen Tarek und Sam“ - „Tarek sagt „Halt’s Maul oder ich werd‘ dir ins Gesicht schlagen“
Sam hat die Hosen voll, aber kann auch nicht nichts sagen“
Die frühe Morgenstunde und die müden Augen des Protagonisten erzeugen ein Gefühl der Erschöpfung und Erblindung für die äußere Umgebung. Das Bild eines schlafenden Obdachlosen zwischen toten Tauben verstärkt die trostlose Atmosphäre.
Diese Zeilen verweisen auf weitere soziale Spannungen und Konflikte in der urbanen Nachtlandschaft.
Der Konflikt zwischen Tarek und Sam spiegelt die allgegenwärtige Gewalt wider und steigert das Gefühl der Angst und Unsicherheit.
Dritte Strophe
- „Müde Gestalten im Neonlicht
Mit tiefen Falten im Gesicht“ - „Frühschicht schweigt, jeder bleibt für sich
Frust kommt auf, denn der Bus kommt nicht“ - „Und überall liegt Scheiße, man muss eigentlich schweben
Jeder hat ’nen Hund, aber keinen zum Reden“ - „Ich atme ständig durch den Mund, das ist Teil meines Lebens
Ich fühl mich ungesund, brauch was reines dagegen, ah“
Hier wird der Übergang in den frühen Morgen beschrieben. Die „müden Gestalten im Neonlicht“ und die „tiefen Falten im Gesicht“ stehen symbolisch für die Erschöpfung und das harte, oft misserable Leben in der Großstadt. Der Frust darüber, dass der Bus nicht kommt, unterstreicht das alltägliche Scheitern und die ständige Kampf um Fortbewegung.
Diese Passage verstärkt das Bild der trostlosen Umgebung und das Gefühl der Isolation, das sowohl von der Geografie als auch von den sozialen Dynamiken der Stadt erzeugt wird. Der Kontrast zwischen der Anwesenheit von Hunden und dem Fehlen menschlicher Kommunikation unterstreicht die Einsamkeit.
Der Sänger offenbart seine physische Abwehrhaltung gegenüber der Umwelt, indem er durch den Mund atmet, was den Gestank der Umgebung verdeutlicht. Der Wunsch nach etwas Reinem zeigt das Bedürfnis nach Reinigung und Erneuerung.
Fünfte Strophe
- „Ich hab ’nen dicken Kopf, ich muss ’nen Saft haben
Ich hab dringlichen Bock auf Bagdads Backwaren“ - „Da ist es warm, da geb ich mich meinen Träumen hin
Bei Fatima, der süßen Backwarenverkäuferin“ - „R&B Balladen pumpen aus ’nem parkenden Benz
Feierabend für die Straßengangs“ - „Ein Hooligan liegt ’ner Frau in den Armen und flennt
Diese Stadt ist eben doch gar nicht so hart, wie du denkst“
Die Sehnsucht nach Trost und Wärme wird durch den Besuch bei „Bagdads Backwaren“ personifiziert. Fatima, die „süße Backwarenverkäuferin“, symbolisiert eine kleine, aber bedeutende menschliche Verbindung und eine Zuflucht aus der Kälte der Stadt.
Diese Zeilen zeigen die stille Seite der Nacht; selbst die Straßengangs haben Feierabend und die Musik aus dem parkenden Benz markiert eine Momentaufnahme von Ruhe und Schönheit inmitten des urbanen Chaos.
Das Bild eines weinenden Hooligans in den Armen einer Frau symbolisiert den verborgenen menschlichen Aspekt der Stadt. Berlin zeigt hier, selbst im Härtesten seiner Bewohner, eine weiche, verletzliche Seite.
Schlussfolgerung
- „Ich bin kaputt und reib‘ mir aus
Meinen Augen deinen Staub“ - „Du bist nicht schön und das weißt du auch
Dein Panorama versaut“ - „Siehst nicht mal schön von weitem aus
Doch die Sonne geht gerade auf“ - „Und ich weiß, ob ich will oder nicht
Dass ich dich zum Atmen brauch“
Die physische und emotionale Erschöpfung des Protagonisten wird in diesen Schlusszeilen erneut betont durch das Bild des Staubs in seinen Augen, was auch als eine Metapher für die Gesamteindrücke der Stadt verstanden werden kann.
Das abschließende Eingeständnis der Hässlichkeit und der Makellosigkeit der Stadt kulminiert im Erkennen einer Art poetischer Wertschätzung. Die aufgehende Sonne signalisiert Hoffnung und Erneuerung.
Die letzte diese Zeilen zeigen eine emotionale Bindung des Protagonisten zur Stadt Berlin, trotz ihrer Härte und Unzulänglichkeiten; eine Art paradoxer Liebe und Notwendigkeit.
Entwicklung und Zusammenhänge
Über den Verlauf des Liedes taucht der Zuhörer tiefer in die nächtliche Umgebung Berlins ein und erlebt die wechselnden Momente von Chaos, Gewalt, Erschöpfung und schließlich einer Art von inneren Frieden und Akzeptanz. Der Erzählton ändert sich von einer dichten, fast klaustrophobischen Atmosphäre hin zu einer erweiterten Perspektive, die die Härte der Stadt anerkennt, aber gleichzeitig die Schönheit in der Authentizität und der rohen Wahrheit findet.
Insgesamt bereitet der Text eine dramatische Performance vor, in welcher der Sänger uns auf eine beschwerliche Reise mitnimmt, um die Ambivalenz zwischen der physischen und emotionalen Härte des urbanen Lebens und der daran erfahrenen, unerwarteten Schönheit zu zeigen.
Komm aus’m Club, war schön gewesen
Stinke nach Suff, bin kaputt, ist ’n schönes Leben
Steig‘ über Schnapsleichen, die auf meinem Weg verwesen
Ich seh die Ratten sich satt fressen im Schatten der Dönerläden
Stapf‘ durch die Kotze am Kotti, Junks sind benebelt
Atzen rotzen in die Gegend, benehmen sich daneben
Szeneschnösel auf verzweifelter Suche nach der Szene
Gepiercte Mädels die wollen, dass ich Strassenfeger lese, ah
Halb Sechs, meine Augen brennen
Tret‘ auf ’nen Typen, der zwischen toten Tauben pennt
Hysterische Bräute keifen und haben Panik denn
An der Ecke gibt es Stress zwischen Tarek und Sam
Tarek sagt „Halt’s Maul oder ich werd‘ dir ins Gesicht schlagen“
Sam hat die Hosen voll, aber kann auch nicht nichts sagen
Die rote Suppe tropft auf den Asphalt
Mir wird schlecht, ich mach‘ die Jacke zu, denn es ist kalt
Guten Morgen Berlin
Du kannst so hässlich sein
So dreckig und grau
Du kannst so schön schrecklich sein
Deine Nächte fressen mich auf
Es wird für mich wohl das Beste sein
Ich geh nach Hause und schlaf‘ mich aus
Und während ich durch die Straßen laufe
Wird langsam schwarz zu blau
Müde Gestalten im Neonlicht
Mit tiefen Falten im Gesicht
Frühschicht schweigt, jeder bleibt für sich
Frust kommt auf, denn der Bus kommt nicht
Und überall liegt Scheiße, man muss eigentlich schweben
Jeder hat ’nen Hund, aber keinen zum Reden
Ich atme ständig durch den Mund, das ist Teil meines Lebens
Ich fühl mich ungesund, brauch was reines dagegen, ah
Ich hab ’nen dicken Kopf, ich muss ’nen Saft haben
Ich hab dringlichen Bock auf Bagdads Backwaren
Da ist es warm, da geb ich mich meinen Träumen hin
Bei Fatima, der süßen Backwarenverkäuferin
R&B Balladen pumpen aus ’nem parkenden Benz
Feierabend für die Straßengangs
Ein Hooligan liegt ’ner Frau in den Armen und flennt
Diese Stadt ist eben doch gar nicht so hart, wie du denkst
Guten Morgen Berlin
Du kannst so hässlich sein
So dreckig und grau
Du kannst so schön schrecklich sein
Deine Nächte fressen mich auf
Es wird für mich wohl das Beste sein
Ich geh nach Hause und schlaf‘ mich aus
Und während ich durch die Straßen laufe
Wird langsam schwarz zu blau
Ich bin kaputt und reib‘ mir aus
Meinen Augen deinen Staub
Du bist nicht schön und das weißt du auch
Dein Panorama versaut
Siehst nicht mal schön von weitem aus
Doch die Sonne geht gerade auf
Und ich weiß, ob ich will oder nicht
Dass ich dich zum Atmen brauch